2. Mai

Es schaukelt ganz schön auf der hintersten Bank. Dafür haben wir den meisten Platz. Beinfreiheit. Meine nackten Füße liegen auf der grauen Plastiktonne vor uns, der Rechner auf meinem Schoß. Unser Bus hat inzwischen die Stadt verlassen. Tschüss, Phitsanulok.
Keine unbedingt schöne Stadt, aber eine wirkliche tolle. Es gibt hübsche Ecken und dazu eine Menge Grau. Oft machen ja aber ihre Bewohner eine Stadt aus. Und hier war man ganz zauberhaft zu uns. Mit großen, neugierigen Augen wurden wir angeschaut. Entgegneten wir das mit einem Lächeln, kam direkt eine herzliche Freundlichkeit zurück. Anscheinend waren wir die einzigen Backpacker in der ganzen Stadt. So jedenfalls kam es uns vor. Außer „coffee“ war hier kaum ein englisches Wort zu finden. So verständigten wir uns mit Händen, lustigen Grimassen (wie Schweinenasen machen und dazu grunzen) und auch etwas unangenehmeren Gesten wie der beim Erklären von Toilettenpapier. Letztendlich waren aber alle äußerst nett und vor allem total hilfsbereit. Das ist wohl die Freundlichkeit der Asiaten, von der so viel die Rede ist. Allerdings: Niemand rennt hier den ganzen Tag mit einem breiten Grinsen durch die Stadt. Ganz im Gegenteil. Aber sobald man jemanden anspricht, wird alles getan, um weiterzuhelfen. Oder es einem einfach nur angenehmer zu machen. Wie an einem Straßenstand bei einem unserer Abendessen. Uns wurde sofort ein extra Stuhl für unsere Hüte gebracht, als wir sie ohne weiter darüber nachzudenken auf den Boden legen wollten. Wirklich toll. An einem anderen Tag in einer anderen Straße bei einem anderen Essen stellte man uns sofort eine Moskitospirale unter den Tisch, als wir gerade selbst erst bemerkten, dass Mücken im Anflug waren. Und das Ganze war keine übertriebene Gastfreundschaft, sondern liegt irgendwie im Naturell der Phitsanuloker.
Hier wurden wir übrigens das erste Mal fotografiert. Vor einer Buddhastatue fragte uns ein junger Asiate, ob er „uns zusammen“ fotografieren dürfe. Wir dachten, zusammen mit ihm. Aber nein, er wollte nur ein Foto von uns beiden. Sehr lustig. Und zu unserer Überraschung verabschiedete er sich auf Deutsch mit einem „Danke“. Wie toll! Da haben wir uns gefreut wie kleine Kinder, dass jemand in Thailand versucht, Deutsch zu sprechen.
Später, in einem klitzekleinen Café, das in Pink eingerichtet und mit großen, pinkfarbenen Plüschtieren dekoriert war, bemerkten wir, wie ein anderer Gast uns heimlich mit seinem Handy fotografierte. Oder vielmehr fotografieren wollte. Denn anscheinend hatte es nicht ganz so funktioniert wie gedacht, oder er hat es zu offensichtlich angestellt, sodass wir ihm auf die Schliche kamen. Schließlich hat er sich zwischen uns auf das pinke Sofa gesetzt und ein Selfie mit uns beiden gemacht. Hach, was hat er sich gefreut!
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