21. Mai

Was sind wir glücklich, unser „Farmprojekt“ abgebrochen zu haben. So wachen wir nun jeden Morgen mit der Sonne und den Vögeln auf, öffnen die Tür des Bungalows und begrüßen die Natur. Schauen vom Bett aus direkt auf die Berge. Dieser Ausblick ist kaum zu beschreiben. Der ganze Aufenthalt hier ist einfach paradiesisch. Wir haben uns mal wieder verliebt.
Da die Stadt drei Kilometer entfernt ist, sind wir runtergelaufen und haben uns ein Moped ausgeliehen. Ja, wir haben es endlich gewagt. Und es klappt auch besser als gedacht. Denn hier gibt es lange, gerade Straßen statt chaotischen Stadtverkehr. Und wir haben die Tage genutzt! Mein Hintern brennt, während ich hier auf meinem kleinen Holzhöckerchen sitze. Wir sind weit über 130 Kilometer gefahren, kreuz und quer durchs Land und auch querfeldein. Es ist einfach irre schön hier.
Die kleine, süße Stadt Pai im Norden Thailands liegt friedlich umringt von Hügeln und hohen Bergen. Nicht selten kann man hier einen atemberaubenden Rundumblick genießen und kommt sich vor, als wäre man in einem Hochglanz-Reisemagazin. Keine spröden Felsen oder kargen Landschaften, die Wälder ziehen sich hier bis hinauf auf die Gipfel und leuchten in den verschiedensten Grüntönen. Sicher liegt es auch an den Wolken, die sich immer wieder an den Bergen verfangen. Allerdings meist nur für ein paar Minuten. Man kann regelrecht zusehen, wie sich das Wetter hier ändert. Gerade noch hellster Sonnenschein, kommt von der einen Seite eine riesige Wolkenwand und verdeckt jegliche Weite. Wo gerade noch Bergkuppen den Horizont bildeten, ist auf einmal alles grau – so, als hätte jemand das Landschaftsplakat abgenommen, eingerollt und eingepackt. Unglaublich. Wie der Regen. Man sieht ihn kommen, ab und an zieht er einfach an einem vorüber, aber meist prasselt er mit voller Wucht herunter – um fünf Minuten später wieder der Sonne zu weichen. Ist das die Regenzeit? Jetzt schon? Vielleicht ist es der Beginn. Auf jeden Fall ist es immer wieder ein Erlebnis. Gerade vorhin erst mussten wir uns mit dem Moped rasch bei einem kleinen Holzstand unterstellen, um nicht trotz Regenmantelfolie komplett durchnässt zu werden. Das machen die Einheimischen hier übrigens genauso, sie warten kurz und sausen dann wieder weiter. Und genügend Unterstände gibt es hier ja an den Straßen.
Auf unserer heutigen Tour durch das nördliche Umland kamen wir dann zum ersten Mal mit Drogen in Kontakt. Ein kleines Gässchen, mehr schlecht als recht asphaltiert, ging es hinauf zu einem kleinen Wasserfall. Klein nach der Trockenzeit jetzt, in ein paar Wochen sicher um einiges imposanter. An kleinen Häusern vorbei, passierten wir die noch trockenen Reisfelder, weiter über Holzbrücken, mussten anhalten, da gerade eine Herde Kühe über die Straße hinauf in die Berge getrieben wurde, und kamen an einen Sandplatz mit ein paar offenen Baracken, in denen es sich ältere Frauen gemütlich gemacht hatten. Mit Handzeichen bremsten sie uns und fragten nach einer Zigarette. Fragten nach einer Zigarette? Nein. „Opium, Opium“, riefen sie uns zu. Zahnlos und mit einer Tüte im Mund. Etwas verwirrt, lehnten wir dankend ab und fuhren weiter, als uns kurz darauf das gleiche erneut passierte. Soso, der Opiumanbau hier im Norden, besonders im Goldenen Dreieck, sei vom König höchstpersönlich verboten worden, hatte man uns freudestrahlend erzählt, und dass die Leute hier jetzt vom Handwerk und der Farmarbeit leben. Naja, hätte man sich ja denken können. Nur waren wir so gar nicht darauf vorbereitet. Aber sie werden ganz sicher ihre Abnehmer unter den Touristen finden.
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