9. Juni

Und schon wieder das gleiche Spiel. Ich sitze in unserem Frühstückscafé und trinke meinen ersten Kaffee, blättere auf meinem Handy virtuell in der Berliner Zeitung und schaue auf das Moped, das ich gleich mieten werde, um runter zum Strand zu fahren und endlich mal morgens im Meer schwimmen zu gehen.
Doch der Himmel verdunkelt sich, ein erster Donner ertönt von den Bergen her, und es fängt an zu schütten. Genau wie gestern. Im Nu ist die Straße nass, und alle Tropfen finden sich am Straßenrand zu einem kleinen Bach zusammen und strömen gemeinsam den Berg hinab. Wieder nix mit Frühsport. Ich schaue auf meine Wetter-App und sehe auf dem Radar ein paar Wolken über unserer Insel. Eigentlich gebe ich nichts mehr auf diese Vorhersagen, denn gerade was den Regen anbetrifft, stimmten sie bisher immer nur, kurz bevor er bereits einsetzte. Da ist es besser, auf die Einheimischen zu achten. Wenn sie anfangen, ihre Planen aufzuspannen und alles, was auf der Straße steht, reinzuräumen, dann geht’s bald los. Darauf ist meist Verlass. Ist das jetzt die Regenzeit? Die grüne Jahreszeit?
Gestern beim Abendessen hat der kleine Laden gegenüber den Umsatz des Jahres gemacht. Mit Regencapes. Lustig zu sehen, wie ein Tourist nach dem anderen hineinstiefelte und mit einem farbigen Säckchen Plastik in der Hand wieder herauskam. Ja, auch wir haben diese dünnen Regenfolien und waren auf dem Moped in Pai froh, sie dabei zu haben. Denn wenn es hier in Thailand losgeht, dann richtig. Meist nicht lange, aber mit ordentlich viel Wasser.
Und siehe da, schon kommt auch wieder die Sonne heraus. Und damit die Frage: Wage ich es und düse schnell los? Der kleine Straßenbach ist nur noch ein Rinnsal, die Planen werden wieder zusammengerollt. Das sollte als gutes Zeichen reichen. Also rauf aufs Moped und los. Mein Frühsport wartet. Und ich kann mir gerade keinen besseren vorstellen. Schwimmen im Meer.
Doch es soll nicht sein. Die junge Frau, die immer ein Lächeln auf den Lippen hat und immer gute Laune zu haben scheint, rät mir ab. Anstatt mir das Moped zu vermieten, gibt sie mir meinen Ausweis, den ich ihr als Pfand dagelassen hatte, wieder zurück und bittet mich, später wiederzukommen. Wenn die Sonne richtig scheint. Noch sei es nicht vorbei. Wow. So sind sie, die Thailänder. Schon echt toll.
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