top of page

DIE MUSIK, DIE UNS LOCKTE

3. Mai


Ich bin total überwältigt. Meine Augen funkeln vor Freude, mein Herz pocht schneller als üblich und ich suche nach den passenden Worten für das, was wir gerade erleben durften. Ein unbeschreibliches Gefühl. Vielleicht auch ein einmaliges Erlebnis.


Wir waren auf einem unserer Spaziergänge durch die Stadt, da hörten wir Musik hinter den Mauern eines Tempels. Keine Musik aus einer Anlage, sondern handgemachte Musik. Rhythmisch geschlagene Trommeln, Becken und irgendwelche mir unbekannten Blasinstrumente. Also lugten wir um die Ecke und sahen eine kleine Menschenansammlung, auf blauen Plastikstühlen um einen Baum im Schatten sitzend, den Blick auf den Eingang des Tempelgebäudes gerichtet. Vorsichtig gingen wir ein paar Schritte in die Anlage hinein und stellten uns etwas abseits unter ein weißes Zeltdach. Da kam auch schon die Quelle der Musik hinter dem Tempel hervor. Eine Gruppe aus Tänzerinnen, Musikern und Blumenträgern, die musizierend und gut gelaunt ihre Runden um das Gebäude drehten. Man winkte uns heran, mitzulaufen. Doch wir zögerten. Runde für Runde gab man uns Zeichen, uns zu der Gruppe zu gesellen. Irgendwann saßen wir dann tatsächlich bei den anderen auf diesen blauen Plastikstühlen im Schatten des Baumes. Man hieß uns willkommen und bot uns sogleich kaltes Wasser zur Erfrischung an. Eine für uns unangenehme, dennoch ganz aufregende Situation. Und auf einmal erkannten wir in der Mitte des Umzuges den Anlass des Festes. Ein weißgekleideter Mann mit rasiertem Kopf, die Hände gefaltet vor dem Körper haltend. Eine Mönchsweihe. Wie aufregend. Und wir mittendrin. Etwas demütig beziehungsweise voller Respekt.


Der Zug hielt direkt vor der Treppe zum Eingang des Tempels, und die Musik verklang. Es folgte ein kleines Ritual. Eine große Schüssel voll Wasser und Blüten wurde ihm direkt vor der Treppe über seine Füße gegossen. Anschließend ging es für ihn mit den nun sauberen Füßen in das Innere des Gebäudes. Es folgten ein paar Gebete, bevor er kurze Zeit später wieder herauskam.


Immer noch in Weiß gekleidet, stellte er sich auf die Treppe, griff mit beiden Händen in eine goldene Schale und warf deren Inhalt immer und immer wieder in die Menge. Es regnete weiße Blüten und aus buntem Geschenkband gefaltete kleine Blumen, in denen jeweils ein 1-Baht-Stück versteckt war. Dies erklärte uns die Frau neben uns, Englischlehrerin hier in Lampang. Und sie hörte glücklicherweise gar nicht mehr auf, uns alles zu erklären, was gerade geschah.


Diese gebastelten Blumen haben nämlich eine Bedeutung. Man bewahrt sie zusammen mit seinem Geld auf, und sie sorgen dafür, dass es sich vermehrt. Sie überreichte uns zwei Blumen, die ich sogleich in die Tasche zu meiner Geldbörse steckte. Unterdessen ging die Zeremonie weiter. Der angehende Mönch begab sich zusammen mit ein paar Auserwählten, darunter auch seinen Eltern, wieder in den Tempel. Wir blieben mit den anderen draußen sitzen und beobachteten das Geschehen im Inneren durch die offenen Tempeltüren. Wieder waren Gebete zu hören. Unsere Nachbarin erzählte uns, dass es für Eltern eine sehr große Ehre ist, wenn der Sohn Mönch wird, was man in diesem Augenblick besonders seiner Mutter ansah. Sehr elegant gekleidet, war sie ganz gerührt und steckte mich damit an. Es war ganz beeindruckend.


> weiterlesen (im eBook oder Taschenbuch)


*Um unsere Arbeit und diese Seite zu finanzieren, stellen wir hier jedes Kapitel auszugsweise für euch kostenfrei zur Verfügung.

 

bottom of page