28. Juli
Was für eine schöne, kleine Stadt. Vang Vieng. Nur ein paar Straßen groß und umgeben von einer Karstlandschaft. Steile, kantige Felsen, grün überzogen . Davor angelegte Ebenen mit Reisfeldern. Natur pur. Das Wetter ist grauenhaft. Es regnet ohne Ende, was das Bild allerdings eher verschönert. Mystisch schlängeln sich die Wolken um die Berge, setzen sich teilweise sogar hinab auf den Boden. Auf dem Weg hierher im Auto mussten wir teilweise im Schritttempo fahren, da wir keine zehn Meter Sicht hatten. Alles um uns herum verschwand im weißgrauen Nebel.
Wie Vulkane ragen die Berge in den Himmel, Rauch schwirrt um ihre Kuppen, gespenstisch und irgendwie mystisch. Wie im Film denke ich. Oder in einer der vielen Naturdokumentationen aus dem Fernsehen.
Unser im Internet gebuchter Bungalow liegt leider weiter außerhalb als gedacht. Die Fahrräder stehen zwar bereit, aber bei diesem Dauerregen keine Option.Wir gehen rüber auf den Markt und kaufen uns Regenschirme. Ein kleiner Junge rennt an uns zwischen den vielen Ständen vorbei, stellt sich vor uns hin, zieht seine Hose herunter und pinkelt mit einem breiten Grinsen in unsere Richtung in eine der Rinnen aus Beton, die in den Boden gelassen sind, um die Abfälle und Abwasser weg zu schwemmen.
Wir nutzen die kleine Regenpause und laufen in die Stadt. Klappern sämtliche Hotels und Gästehäuser ab und werden fündig. Hier lässt es sich auch bei diesem Wetter aushalten, denn rundherum befinden sich Cafés und Restaurants. Hier kann man bei Regen zumindest auch mal vor die Tür, was uns in unserem Bungalow leider vergönnt ist, denn außer der großen Durchfahrtsstraße und dem Markt ist dort nichts. Gar nichts.
So halten wir am nächsten Morgen ein Sammeltuktuk auf der Straße an und ziehen um in die Stadt. Der Regen hat aufgehört und es scheint sogar ein wenig die Sonne. Also laufen wir los. Auf die andere Uferseite, den Felsen entgegen.
Die Straße ist gespickt von Wasserlöchern die wir teilweise auf Zehenspitzen und über Steine springend überwinden. Beeindruckt von der Natur, bewaffnet mit unseren Regenschirmen. Alles leuchtet Grün. In tausenden Abstufungen. Der Regen hat die Pflanzen gedeihen lassen und die Reisfelder mit Wasser gefüllt. Wir bleiben an einem Holzzaun stehen und beobachten die Bauern, wie sie die einzelnen Reishalme routiniert in den Schlamm stecken. Ganze Familien stehen teilweise bis zu ihren Knien in den Feldern und verwandeln die eckigen Wasserbeete in grüne Landschaften.Was für eine Arbeit denke ich. In Europa werden die Felder mit großen Maschinen bearbeitet, hier mit bloßen Händen. Wahnsinn. Und doch so schön anzusehen. Wieder ist aus den Fernsehbildern Realität geworden. Sehr beeindruckend.
Wir laufen den Weg weiter. Werden überholt von Tuktuks, beladen mit Touristen, die einen Ausflug zur Blauen Lagune gebucht haben. Eine der unzähligen Höhlen hier in der Umgebung mit einem natürlichen Swimmingpool davor. Immer wieder stellen wir uns an den äußersten Rand des Weges, um nicht das spritzende Wasser aus den Löchern ab zubekommen, wenn die Tuktuks in rasantem Tempo hindurch fahren. Die Straße entwickelt sich zu einem rotem Meer aus Schlamm und wir haben Mühe, nicht auszurutschen und überhaupt weiter voran zu kommen. Zwei Engländer, von oben bis unten übersät mit Schlamm, drehen vor uns mit ihrem Moped wieder um und schieben es schlitternd zurück.
An einer Kurve bergab geben auch wir auf. Selbst zu Fuß ist ein Weiterkommen nicht möglich, ohne mit den Schuhen im Schlamm zu versinken. Wir schlagen einen Seitenweg aus festem Lehm ein und folgen einem handgemalten Schild zu einer anderen Höhle. An einer Bambushütte angekommen prasselt es auf einmal so auf uns nieder, dass selbst die Schirme drohen aufzugeben. Wir bezahlen den Eintritt, warten den größten Schauer unter einem Baum ab und folgen einem Mädchen, das uns zur Höhle bringen soll. Wir folgen ihr auf schmalen Wegen, den Begrenzungen der Reisfelder, rechts und links Wasserbecken aus denen die grünen Halme ragen. Der Regen wird wieder stärker, die vielleicht 20 cm breiten Wege matschiger. Wir versinken im Schlamm, ertrinken von oben und beschließen auf halber Strecke umzudrehen. Es hat keinen Sinn. Wir sind bereits völlig durchnässt, ebenso unser Rucksack mit der Kamera, die wir aber vorsorglich in eine Plastiktüte gewickelt haben.
Wir bekommen unser Geld zurück, dürfen uns in der Bambushütte unterstellen, warten bis der Regen wieder nachlässt und laufen den Weg zurück. Den Weg, der sich zu einem Fluss verwandelt hat. Rechts und links läuft das Regenwasser der Berge an uns vorbei, durch angelegte Kanäle direkt zu den Reisfeldern. Die Laune droht zu sinken, doch wir lassen uns die Natur nicht vermiesen und muntern uns gegenseitig auf.
Wieder am großen Weg angekommen zweifeln wir, ob wir jemals heil wieder ins Hotel kommen. Aus den Wasserlöchern sind kleine Seen geworden. Mit den beiden Schirmen als Stütze tasten wir uns vor, haben Angst auszurutschen und mit dem Gesicht im Schlamm zu liegen. Legen Steine vor uns ins Wasser, um die riesigen Pfützen zu überqueren und nehmen es mit Humor. In einem kleinen Bungalowresort kehren wir ein und bestellen uns etwas zu Essen. In diesem Moment fällt der Strom aus, die Berge verschwinden im Nebel und der Regen beginnt erneut. Glücklicher Weise kochen sie hier mit Gas, sodass wir trocken auf einer schön hergerichteten Terrasse unsere Mahlzeit genießen können. Eine Entenfamilie flüchtet vom Rasen und gesellt sich zu uns ins Trockene. Der Regen verschwindet, wir packen unsere Sachen und gehen satt und mit Sonnenstrahlen auf dem Gesicht zurück ins Hotel.
Höhlen haben wir hier also keine gesehen, dafür umso mehr Regen. Aber nicht schlimm. Die fantastische Landschaft hat alles mehr als ausgeglichen.