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AB AUF DIE INSEL!

4. Juni


Da sitze ich nun, gerade erst aufgewacht und geduscht, in unserem neuen Frühstückscafé und genieße meinen ersten Kaffee, während Markus im Zimmer Sport treibt. Ein 90-Tage-Programm. Streng nach Anleitung. Ach, wie ich ihn beneide. Aber ich kann mich dazu nicht aufraffen. Frühsport ist einfach nicht mein Ding. Aber muss ja auch nicht.


Ich bin müde. Nicht nur jetzt, kurz nach dem Aufstehen, sondern die ganzen letzten Tage schon. Nicht, dass ich die ganze Zeit schlafen könnte, es ist mehr eine Trägheit, die mich überfallen hat. Das Funkeln in meinen Augen ist verschwunden, der Kopf ist leer. „Ausgelaugt“ trifft es wahrscheinlich besser. Ist das die Reisemüdigkeit, von der man immer wieder hört? Wäre ja kein Wunder, immerhin sind wir inzwischen über anderthalb Monate unterwegs und voll mit Eindrücken. Irgendwann passt wohl einfach nichts mehr in den Kopf, und er schaltet sich aus. Ganz automatisch. Deshalb haben wir beschlossen, hier auf der Insel, auf der wir mittlerweile sind, erstmal Urlaub zu machen. Eine kurze Auszeit zu nehmen. Und, zugegeben, diese Insel bietet sich dafür ja geradezu an, mit dem Meer und den Sandstränden. Ein bisschen ausspannen und Energie tanken, bevor es anschließend nach Kambodscha geht.


Aber zurück zu Tak. Zweiter Tag, zweiter Anlauf. Ein schönes Städtchen mit wahnsinnig viel Potential. Das entweder aufgrund der Nebensaison brachliegt oder nicht wirklich genutzt wird. Überall wurden schöne Anlagen gebaut. Eine große, begehbare Bühne auf dem Fluss, die wie ein Labyrinth aus lauter Stegen gebaut ist. Die frisch renovierte, schon über 200 Jahre alte Hängebrücke aus Holz. Der kleine Pavillon auf der Halbinsel inmitten eines großen Sees, der fast vollständig von Lotospflanzen bedeckt ist. Ich habe noch nie so viele davon auf einem Haufen gesehen. Es muss gigantisch sein, wenn sie alle gleichzeitig blühen. Es gibt sogar eine richtig gut gemachte Karte für Touristen, mit allen Sehenswürdigkeiten und Ausflugsmöglichkeiten. Nur fehlt das Leben in allem. Kein Kulturprogramm am Fluss, kein Bootsverleih, um über den See zu rudern, kein Mopedverleih, um all die Sachen zu bestaunen, die außerhalb liegen. Fast schade. Es ist die perfekte Stadt für einen Zwischenstopp auf einer Rundreise durch Thailand. Mit den Bergen drumherum und der Grenzstadt Mae Sot in der Nähe, die nach Myanmar einlädt. Aber vielleicht liegt es tatsächlich nur an der Nebensaison. Obwohl wir es nicht so recht glauben können, denn die winkenden Menschen sind wieder da. Man beäugt uns, beobachtet uns, lächelt, winkt und spricht uns an. Wir sind wieder die fremden Besucher aus der Ferne. Als unser Weg einmal durch ein Schulgelände verlief, sprach uns sogar ein Mönch an. Winkte uns zu sich und fragte uns kurz aus, woher wir kämen und wohin wir gerade wollten. In einem der vielen Reiseberichte hatten wir gelesen, dass die Mönche nicht selten gezielt die Konversation mit Ausländern suchen, um ihr Englisch zu schulen. Und genau so kam es uns auch vor. Er suchte immer wieder nach bestimmten Wörtern, hörte dann abrupt auf und verabschiedete sich. Da war sein Vokabular wahrscheinlich aufgebraucht. Aber eine schöne Situation, erscheinen uns die Mönche doch immer noch so mystisch, so unantastbar.


Also haben wir uns ein paar schöne Tage in Tak gemacht, sind über den Markt geschlendert, haben eine neue Sorte Litschis gekostet, haben die schmale, verlassene Gasse mit den alten Holzhäusern besucht und Bekanntschaft mit drei älteren Frauen und ihrem Essensstand gemacht. Ganz bezaubernd warteten sie mit ihren vier verschiedenen Pad-Thai-Gerichten vor ihrem Wägelchen auf Kundschaft. Eine Portion für 10 Baht, etwas mehr als 25 Cent. Da fragt man sich doch, was sie pro Tag wirklich verdienen. Umso unangenehmer war es uns, als sie bemerkten, dass wir erfolglos auf der Suche nach einem Stand mit Getränken waren und uns beiden je einen großen Becher Wasser hinstellten. Einfach so. Ohne dass wir dafür etwas bezahlen mussten. Wobei „mussten“ das falsche Wort ist, denn wir hätten es sehr, sehr gern getan. Doch als wir ihnen etwas Trinkgeld geben wollten, lehnten sie entschieden ab. Trotz Bittens und Bettelns gab es keine Möglichkeit, ihnen so unsere Dankbarkeit zu zeigen. Aber das kannten wir ja schon. Und so sind wir einen Tag später trotz langen Fußmarschs wieder hin und haben wieder bei ihnen gegessen. Und sie haben sich so gefreut! Wir standen noch auf der gegenüberliegenden Straßenseite, da hatten sie uns schon erkannt. Toll. Und natürlich gab es direkt wieder ein Wasser. Ja, da haben wir es wieder. Gib einer Stadt immer noch eine zweite Chance. Schau sie dir von einer anderen Seite an. Und lerne die Menschen kennen. Denn sie sind es, die den Aufenthalt oft zu einem kleinen Höhepunkt machen.


Mit dem TukTuk ging es dann wieder zurück zum Busbahnhof und weiter nach Bangkok. Der Süden rief. Und zwar so laut, dass wir, nach stundenlanger Fahrt in Bangkok angekommen, spontan den nächsten Bus nach Pattaya nahmen. Ohne weiteren Plan, ohne Unterkunft, ohne überhaupt eine Ahnung, was uns dort erwarten würde. Hauptsache, ans Wasser.


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*Um unsere Arbeit und diese Seite zu finanzieren, stellen wir hier jedes Kapitel auszugsweise für euch kostenfrei zur Verfügung.

 

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